Integrated Assessment Modell
zur Planung einer nachhaltigen Siedlungswasserwirtschaft

Einleitung

In vielen Staaten der Erde können Teile der Bevölkerung ihren täglichen Mindestwasserbedarf nicht decken. Es ist davon auszugehen, daß die Anzahl der betroffenen Menschen in Zukunft weiter steigen wird. Nach Schätzungen der UNO werden im Jahr 2010 in ca. 80 Staaten der Erde, Teile der Bevölkerung ihren täglichen Bedarf an Wasser nicht decken können.
Mit den Risiken werden die Forderungen nach einer nachhaltigen Nutzung von Wasser bei den Akteuren zunehmend lauter. Aber nicht nur in Ländern akuten Wassermangels sind Wissenschaftler und Politiker bemüht Lösungen zu finden, auch in Ländern mit ausreichendem Wasserdargebot ist bei den Akteuren ein Umdenken in Gang geraten. So ist es beispielsweise in Deutschland keineswegs klar, wie sich einerseits die Quantität, andererseits die Qualität der Wasserressourcen in Zukunft entwickeln wird.
Allerdings läßt sich aus der Vergangenheit schließen, daß die heutige Struktur der Siedlungswasserwirtschaft einer nachhaltigen Wassernutzung nicht unbedingt förderlich ist. Dies gilt sowohl aus ökonomischen wie auch aus ökologischen Gründen: Ökonomisch in der Hinsicht, daß anstehende Sanierungsinvestitionen ohne zusätzliche Belastung der Verbraucher bzw. der öffentlichen Hand nicht getätigt werden können. Ökologisch ist zu bedenken, daß sowohl mengenmäßige Übernutzungen von Wasserressourcen wie auch deren Belastung durch Schadstoffe aktuell Probleme bereiten.
 

Problemlage

Da niemand die Zukunft genau genug kennt, läßt sich kein langfristiger Investitionsplan entwerfen, der eine nachhaltige Wassernutzung garantiert. Auch zukünftige, zum nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser dienende Innovationen können nicht prognostiziert, sondern nur entdeckt werden. Eine sinnvolle Möglichkeit, trotz einer unsicheren noch zu entdeckenden Zukunft, eine Strategie zu entwerfen, besteht darin, heute so zu handeln, daß man für die Zukunft keine wichtigen Optionen verspielt (Eccles 1992). Eine solche robuste Strategie muß abschätzen, welche Engpässe auftreten können und was der „worst case“ sein könnte.
Jeder weitere Ausbau von Kapazitäten bindet Kapital für einen langen Zeitraum. Diese langfristige Bindung des Kapitals verursacht einen sog. „lock-in-Effekt“, der die Systeme der Wasserver- und -entsorgung langfristig inflexibler werden läßt. Die Einführung wasserschonender Innovationen werden in Zukunft unwahrscheinlicher, da die Umstellung auf eine neue Technik im Zeitverlauf immer kostenintensiver wird, weil die Durchschnittskosten der alten Technik im Zeitverlauf (wegen der hohen Fixkosten) stärker sinken, als die Durchschnittskosten der neuen Technik, bei deren Einführung. Dies macht verständlich, warum alte Techniken einfach deshalb beibehalten werden, weil sie schon so lange in Gebrauch sind. Darum ist es für den Erhalt der Flexibilität so wichtig, diesen „lock-in-Effekt“ zu vermeiden und durch intelligentere Nutzung der gegebenen Kapazitäten Innovationen auf mittlere Sicht überhaupt zu ermöglichen. Dieses Argument behält seine volle Gültigkeit auch dann, wenn gezeigt werden könnte, daß es in einer bestimmten Region keine „absolute“ Wasserknappheit gibt und daher „Wassersparen“ nicht nötig ist. Denn gerade flexible Techniken sind besser in der Lage, Optionen für die Zukunft zu erhalten als inflexible und vermeintlich billigere Techniken.
Soll erreicht werden, daß das Management der Ver- und Entsorgungsunternehmen nachhaltige Investitionsentscheidungen trifft, muß aber die Frage gestellt werden, ob das Management dies kann, bzw. ob es dazu die entsprechenden Anreize hat. Nachhaltige Investitionsentscheidungen setzen eine Strategie voraus, die die Ressource Wasser nachhaltig nutzt und zugleich Einnahmen für Sanierungsinvestitionen erzielt. Weit verbreitet ist z.Zt. die Annahme, daß eine Wasserpreiserhöhung diese Bedingungen erfüllen kann. Dies hat sich jedoch als Trugschluß herausgestellt. (Näheres hierzu finden Sie hier)

Selbstverständlich muß eine nachhaltige Investitionsplanung über betriebswirtschaftliche Grenzen hinausreichen. Wassereinsparungen sollten nicht nur dann Ziel der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen (WVU/AEU) sein, wenn dies betriebswirtschaftlich rentabel ist. Wassereinsparung muß sowohl unter dem Gesichtspunkt der betriebswirtschaftlichen als auch der volkswirtschaftlichen Rentabilität erfolgen! Deutlicher wird diese Forderung im Bereich der Wasserqualität: Eine rein auf die betriebswirtschaftliche Seite beschränkte Planung führt nämlich bei einer Verschlechterung der Wasserqualität eventuell dazu, daß Wasser geringerer Qualität mit qualitativ höherwertigem Wasser verschnitten wird. Der Verschlechterung des Rohwassers wird dadurch jedoch nicht entgegengewirkt. Eine nachhaltige Investitionsplanung muß daher bei Kostenrechnungen das ganze System berücksichtigen und die betriebswirtschaftlich und gesamtwirtschaftlich günstigste Strategie verfolgen.
Das Finden einer solchen nachhaltigen Strategie ist aber genau mit den bereits angedeuteten Problemen behaftet: Es ist reichlich unklar, wie mögliche „Einzelstrategien“ miteinander kombiniert werden können und wie solche Kombinationen in ihrer Gesamtheit wirken können. Es ist zwar durchaus denkbar, einzelne Elemente auf ihren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang hin zu überprüfen, aber die Wirkung auf ein komplexes System abzuschätzen ist weitaus schwieriger, weil: 1. die wesentlichen Einflußfaktoren auf ein solches System bekannt sein müssen, 2. die Interdependenzen der einzelnen Elemente nicht direkt abschätzbar sind und 3. die schon erwähnten Unsicherheiten über zukünftige Entwicklungen und damit Bedingungen, die das System beeinflussen, eine nicht unbedeutende Rolle spielen und Berücksichtigung finden müssen. Es erscheint daher nötig, den  Markt mit seinen  Akteuren und deren  Möglichkeiten besser zu verstehen.

Hintergrundinformationen zur Ressource Wasser finden Sie hier.

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